Sonntag, 19. März 2023

Kalte Stube – warmes Auto


 

Die Strom- und Gasmangellage ist für fast alle eine Geschichte von gestern. Das mag für diesen Winter zutreffen, doch weder die Energiesparkampagne hat viel gebracht, noch sind neue Kraftwerke am Netz. Das Thema wird uns also auch in den nächsten Winter beschäftigen.

Irgendwie wiederholt sich die Geschichte. Im Corona-Jahr 2020 gab es zur Steigerung der Attraktivität der Gartenrestaurants einen Streit um die Heizpilze. Nun sind wir wieder in einem Winter, bei dem die Behörden, was die Heizungen betrifft, allenfalls unbeliebte Einschränkungen verhängen müssen. In den Büroräumen der Bundesverwaltung ist es schon mal kalt. Sollte der Rest des Winters noch kälter werden, könnte sich leicht eine Kaufhysterie bei Heizlüftern aus Angst um eine kalte Stube entwickeln. So gesehen müssten die Behörden eigentlich schon jetzt aktiv werden. Das Heizen mit Elektrowiderstands-heizungen, wie sie im Fachjargon heissen, ist erstens hochgradig unwirtschaftlich und ein verschwenderischer Umgang mit Energie, zweitens bringen viele mobile Heizgeräte das Energieversorgungssystem an den Rand eines Blackouts.

Angesicht der drohenden kalten Wohnung könnte manch ein Schlauberger auf die Idee kommen, während der Phase einer Stromnetzabschaltung in sein Auto zu sitzen, den Motor anzulassen und die Sitzheizung einzuschalten. Wer das Auto in einer grossen Tiefgarage geparkt hat, sollte aber beachten, dass sich das Garagentor nur mit elektrischem Strom öffnen lässt. Wer also vor der Netzabschaltung das Auto aus der Tiefgarage manövriert hat, könnte nun während der vier Stunden der Netzabschaltung im Quartier herumkurven. Das ist zwar ein lufthygienischer Unsinn und belästigt die Nachbarn, aber wenigstens hat man warm. Vor dieser Aufwärmtour sollte man aber den Tank füllen, denn die Tankstellen sind während der Netzabschaltung ausser Betrieb, weil die Benzinpumpe eben auch mit Strom läuft. Gut beraten ist darum derjenige, der ein paar Benzinkanister im Keller lagert.

Aber vielleicht ist es schlauer, der kalten Wohnung mit der inneren Wärme zu trotzen. Der Bundesrat müsste analog der japanischen Regierung bei einer Strommangellage die Bevölkerung dazu aufrufen, vermehrt Alkohol zu trinken. In Japan ist die Bevölkerung dazu aufgefordert mehr Sake zu trinken, wobei hier das Problem die rückläufigen Alkoholsteuereinnahmen sind und nicht etwa die kalte Stube. Obwohl die wenigsten einen Notvorrat angelegt haben, ist der eigene Weinkeller meist gut bestückt, geschweige denn die Hausbar, mit der man das ganze Wohnquartier in eine Alkoholvergiftung führen kann. Das sind ideale Voraussetzungen, sich in dieser Krisenlage wenigstens innerlich zu wärmen, da diesbezüglich keine Mangellage besteht.

P.S. Diese Geschichte ist mir nach dem Genuss von einer gan zen Flasche feinen Rotwein meines Winzers und der anschliessenden Einnahme von drei Gläsern Grappa in den Sinn gekommen. Den Reiswein sollen die Japaner selbst trinken.

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