War das eine Aufregung als im Frühling/Sommer allen klar wurde, dass fast ganz Europa in eine regelrechte Strommangellage rasselt. Von allen Seiten kamen Vorschläge wie man diese drohende Krise abwenden könne. Diese reichten vom Anlegen eines Kerzen/Batterie-Notvorrats oder dem grosszügigen Einkauf von Cheminéeholz bis zu einer Sparkampagne des Bundes. In Deutschland entstand sogar eine Polemik über die Dauer des Duschens oder die Verwendung von Waschlappen für die Körperpflege. Auch die Politik in der Schweiz erwachte und verabschiedete in einem nie dagewesenen Tempo innert drei Wochen ein Gesetz, das die Winterstromproduktion massiv fördern soll. Dass dieses Gesetz für den Winter 2022/23 nichts nützt, war aber sofort klar. Zudem wurden Ersatzkraftwerke in Auftrag gegeben und Energiereserven in Speicherseen für 300 Millionen Franken eingekauft. Wenn das alles nichts nützt, kommen dann halt Kontingentierung, Rationierung oder Netzabschaltung zum Zuge. Dazu grub man uralte Krisenpläne aus, bei der die Organisation für Stromversorgung in ausserordentlichen Lagen (OSTRAL) die Bewältigung einer Strommangellage organisieren muss. Doch als man diese Pläne genauer anschaute, merkte man, dass das alles schöne Theorie ist und eigentlich niemand genau wusste, wie man die umsetzt.
In den Medien wurden einzelne Verbraucher, die bei einer Rationierung abgestellt werden müssten, publiziert. So las man, dass Rolltreppen, Saunas, Beschneiungsanlagen und Reklamebeleuchtungen wohl als Erste drankommen würden. Die offizielle Liste wurde dann im Dezember mit dem Entwurf der „Verordnung über Beschränkungen und Verbote der Verwendung elektrischer Energie“ veröffentlicht. Darin werden die Beschränkungen und Verbote von Bügeleisen, Wäschemangeln, Teller- und Tassenwärmern, Streaming-Diensten, Elektroautos, Heizpilzen, Sitzheizungen von Sesselliften, elektrischen Laubbläsern, Waschanlagen für Personenwagen, Mining von Kryptowährungen und vielem mehr aufgeführt.
Und bei Autobahntunnels was läuft da? Ja da kann man aus Gründen der Sicherheit und der Verfügbarkeit gar nichts sparen. Soweit die offizielle Version, in Tat und Wahrheit haben wir in den Tunnels einfach keine Lichtschalter um die Beleuchtung, die an 365 Tagen 24 Stunden brennt, abzuschalten.
Einige mögen nun einwenden, dass sich die Lage im Stromsektor beruhigt hat. Das mag für diesen Winter stimmen, weil die Gasspeicher am Anfang noch mit russischem Gas gefüllt werden konnten, viele der maroden französischen Atomkraftwerke in Betrieb genommen wurden, die Speicherseen wider Erwarten gefüllt werden konnten und mit der Sparkampagne der Verbrauch um 3.7% zurück ging. Da im nächsten Winter die Diskussionen weitergehen, würde es vielleicht Sinn machen, sich etwas mit der Materie zu befassen. Denn die Wenigsten kennen den Unterschied zwischen Blackout und Netzabschaltung. Bei einer Netzabschaltung in Folge einer Strommangellage hat man noch Zeit die Streichhölzer in der beleuchteten Wohnung zu suchen, um die Kerzen anzuzünden. Bei einem Blackout muss man die Streichhölzer im Dunkeln suchen. Aber eben: dunkel wird es in beiden Fällen.