Sonntag, 13. Juni 2021

Als Gott die Autobahnen schuf


Am Anfang schuf Gott Dörfer und Strassen; die Strassen aber waren wüst und staubig, Autos stauten sich auf den Strassen und Gottes Geist schwebte über dem Autoverkehr.

Gott sprach: «Es werden Nationalstrassen». Und es wurden Nationalstrassen. Gott sah, dass die Nationalstrassen gut waren. Gott trennte die Fahrtrichtungen, und Gott nannte die eine Richtung Nordspur und die andere Richtung Südspur. Es wurde Abend und es wurde Morgen: Der erste Tag.

Dann sprach Gott: „Das Gewölbe mitten in der Landschaft soll von Nationalstrassen unterquert werden.“ Gott schuf also die Unterquerungen. So geschah es, und Gott nannte das Gewölbe Berge und die Unterquerungen Tunnels. Es wurde Abend und es wurde Morgen: Der zweite Tag.

Dann sprach Gott: „Das Land zwischen den Gewölben lasse junges Grün wachsen, alle Arten von Pflanzen, die Samen tragen und von Bäumen, die auf der Erde Früchte bringen mit ihrem Samen darin.“ Das Land nannte Gott Täler. Gott sah, dass die Nationalstrassen hier keinen Platz hatten. So sprach er: „Die Täler sollen durch Überquerungen überwunden werden.“ So geschah es, und Gott nannte die Überquerungen Brücken. Es wurde Abend und es wurde Morgen: Der dritte Tag.

Dann sprach Gott: „Lichter sollen am Tunnelgewölbe sein, um Tag und Nacht sicher durch den Tunnel fahren zu können. Sie sollen Zeichen des Wohlstandes sein und nach den Bestimmungen von Normen erstellt werden.“ So geschah es. Doch Gott wollte nicht, dass die Lichter der Erde grösser und stärker sind als sein Reich. Deshalb sprach Gott: «Die Nationalstrassen ausserhalb der Tunnels dürfen nicht beleuchtet werden, damit die Vögel und Insekten ungestört über dem Land am Himmelsgewölbe dahinfliegen können.» Gott sah, dass die Menschen sich an seine Anweisungen hielten. Es wurde Abend und es wurde Morgen: Der vierte Tag.

Dann sprach Gott: „Das Land bringe alle Arten von lebendigen Wesen hervor, von Vieh, von Kriechtieren und von Tieren des Feldes. So geschah es. Gott sah, dass die Tiere des Feldes, alle Arten von Vieh und alle Arten von Kriechtieren durch die Nationalstrassen verdrängt wurden.“ Dann sprach Gott: «Lasst uns ökologische Ausgleichsflächen schaffen.» Gott sah, dass es gut war. Es wurde Abend und es wurde Morgen: Der fünfte Tag.

Dann sprach Gott: «Hiermit übergebe ich euch alle Nationalstrassen. Sie sollen euch zur Fortbewegung dienen.» Gott sah alles an, was er erschaffen hatte: Es war sehr schlecht. Die Autofahrer bauten viele schlimme Unfälle, fuhren zu schnell, drängelten und liessen niemandem den Vortritt. Gott ärgerte sich gewaltig und erbaute Leitschranken und Geschwindigkeitsüberwachungsanlagen, erliess Strassenverkehrsregeln und legte die Höchstgeschwindigkeit fest. Es wurde Abend und es wurde Morgen: Der sechste Tag.

So wurden Strassen, Tunnels und Brücken vollendet und mit ihnen das ganze Nationalstrassennetz. Am siebten Tag vollendete Gott das Werk, das er geschaffen hatte, und er ruhte am siebten Tag, wunderte sich aber, dass der Autoverkehr am siebten Tag nicht ebenfalls ruhte. Trotz allem segnete Gott die Nationalstrassen und erklärte sie für heilig. Doch Gott sah, dass die Strassen immer noch Lärm und Gestank verursachten und dass die Staus nicht abgenommen haben. Gott ärgerte sich und verfluchte den ersten Tag, als er begann die Nationalstrassen zu bauen.