Kürzlich winkte mich mein Nachbar in seine Wohnung hinein – mir schwante Schlimmes. Ich hatte den ersten Schluck des offerierten Bieres noch nicht getrunken, da setzte schon sein Redeschwall ein. Er habe mit dem Auto geschlagene drei! Stunden gehabt, um von Wädenswil nach Thusis zu fahren, nur weil die Schneepflüge mit 20km/h auf der Autobahn schlichen und ihn nicht überholen liessen. 20km/h schrie er!
Aber wahrscheinlich hat er vor lauter Ärger die Geschwindigkeitsanzeige nicht genau abgelesen – vermutlich war es so um 40km/h. Dann holte er kurz Luft und schnaubte: ja und ab Chur haben sie die Strasse gar nicht mehr geräumt. Wenn mein Nachbar wüsste dass man von mir aus auf die Schwarzräumung verzichten könnte, würde er mir wahrscheinlich nie mehr ein Bier anbieten. Denn neben den ökologischen Gründen verursacht das Salz bei unseren Betriebs- und Sicherheitsausrüstungen massive Schäden. Damit die Einrichtungen wegen dem Salz nicht nach einem Jahr von der Tunneldecke fallen, müssen wir exorbitant teure hochlegierte Chromstähle mit Molybdän für die Aggregate und Befestigungen einsetzen. Dazu kommen noch die Schäden an der Fahrbahn, den Brücken und Tunnels welche das ASTRA Millionen kostet. 20km/h schallte es wieder in den Raum!
Aber irgendwie merkte mein Nachbar, dass ich sein Anliegen nicht wirklich ernst nahm. So rannte er anderntags ins Fitnesscenter wo er den ehemaligen Leiter des Autobahnwerkhofes traf. Dieser bestätigte ihm dann unumwunden, dass die Schneepflüge früher mit 60km/h gefahren seien und regelmässig die Autobahn verlassen haben, um den Verkehr passieren zu lassen. 60km/h posaunte mein Nachbar mir ins Gesicht, als ich ihn das nächste Mal traf.
Wer jetzt mit mir Erbarmen hat, den kann ich trösten. Ich habe nämlich meinem Nachbarn sein letztes Bier weg getrunken und den ganzen mit Salz gereiften Käse gegessen.