Sonntag, 13. August 2017

Der Letzte lösche das Licht


 

Die erste Strassenbeleuchtung wurde 1667 in Paris in Betrieb genommen. Dafür sorgte der dannzumal regierende König Ludwig der XIV. Mit seiner Idee, an jeder Strassenecke ein Glashaus mit Kerzen zu installieren, machte er seinem Namen als Sonnenkönig alle Ehre. Doch die 2736 Kerzen bestanden aus Hammeltalg und Rinderfett, stanken und russten. Bei einer Strassenbeleuchtung war das weiter nicht so schlimm, aber im Theater, wo diese Kerzen auch eingesetzt wurden, mussten jede halbe Stunde der Docht der Talgkerzen zurück geschnitten werden. Damit die Kerzenpflege am Bühnenrand nicht allzu fest störte, wurden die Lichtputzer als Statisten in die Inszenierung integriert.

Im 19. Jahrhundert war es dann der Ölmagnat John D. Rockefeller, der überlegte, wie er die Chinesen von ihren Talglichtern wegbringen könnte. Dazu liess er massenhaft Zinnlampen zu einem symbolischen Preis verteilen. Leider merkten die Chinesen erst zu spät, dass sie das benötigte Kerosin zu einem stattlichen Preis von Rockefeller berappen mussten, und es damit wesentlich teurer kam, als mit den alten Talglichtern.

Ein weiterer Skandal ereignete sich Anfang des 20. Jahrhunderts, als Glühlampenhersteller mit dem Phoebuskartell erreichten, dass Glühlampen nach 1000 Stunden Betriebsstunden ersetzt werden mussten. Das Kartell hielt fast 20 Jahre und ermöglichte den Glühlampenherstellern schöne Gewinne, was den Aufbau von heute noch bekannten Konzernen wie General Electric, Osram oder Philips ermöglichte. Da sind wir froh, dass wir heute die LED mit schwindelerregender Nutzungsdauer von 80’000 Stunden haben und nicht mehr von geldgierigen Firmen abhängig sind.

Trotz dieser Lichtrevolution hat das ASTRA 2014 entschieden auf den Nationalstrassen die Strassenbeleuchtung zu entfernen. Dass dieser Entscheid nicht allen Zeitgenossen gefallen wird, war anzunehmen. Mit Bürgerbriefen und Aufsichtsbeschwerden haben sie ihrem Ärger Luft gemacht – aber es nützt nichts, wir sind im Frühbarockzeitalter angekommen.

Zum Schluss noch eine Anekdote aus der Zeit der DDR über den damaligen Generalsekretär und Vorsitzender des Staatsrates Erich Honecker:

Honecker kommt von einem Amtsbesuch aus Bonn spätabends zurück nach Ostberlin. Die ganze Stadt ist hell erleuchtet, doch auf den Strassen ist kein Mensch zu sehen. Sämtliche Ministerien sind erleuchtet, aber wie ausgestorben. Er lässt sich von seinem Chauffeur durch die Stadt fahren – keine Menschenseele. Schliesslich kommt er an die Berliner Mauer, lässt sich ein Stück entlangfahren und findet endlich ein riesiges Loch darin. Daneben ein handgeschriebener Zettel: “Erich, du bist der Letzte, wenn Du rausgehst, mach’ das Licht aus.”